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Die Tool-Frage in Projekten

Um was geht es?

Ein wirksames, effizientes Projektmanagement-Tool trägt massgeblich zum Projekterfolg bei. Die Evaluation, das Aufsetzen und die Einführung sind aber alles andere als trivial. Auf was man achten sollte lesen Sie hier.

Von Peter Roth, 24. November 2021

Warum ein neues Tool?

Im Projektmanagement hat sich einiges getan. Die Methoden wurden überarbeitet, modularer und skalierbarer gestaltet, und moderne Entwicklungsmethoden mit sequenziellen und iterativen (agilen) Ansätzen integriert. Die Projektmanagement-Tools (PM-Tool) wurden parallel weiterentwickelt und werden immer mächtiger. Sie basieren für das Vernetzen und Teilen von Informationen auf umfassenden Datenbanken und nutzen moderne Technologien wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz (KI) für die bessere Vorhersage oder Business Intelligence (BI) für aussagekräftige Reports. Für das gesamte Projekt ist diese Entwicklung schlussendlich ein grosses Plus.

Zielabklärung

Die Neueinführung oder Ablösung eines PM-Tools ist jedoch nicht trivial und muss sorgfältig angegangen werden. Zuerst muss immer über den Zweck diskutiert werden. Was soll überhaupt mit einem neuen PM-Tool erreicht werden? Was ist das Ziel? Hier ein paar Vorschläge:

  • Ein PM-Tool soll die Effizienz und Wirksamkeit des Projektmanagements steigern
  • Ein PM-Tool soll Transparenz über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Projektes erzeugen, dies bezüglich sämtlicher Projektaspekte wie Zeit, Geld, Mitarbeiter, Aktivitäten, Scope, Fortschritt, Risiken, etc.
  • Ein PM-Tool soll einen Soll-Ist-Abgleich (Plan versus Realität) durchführen können, zusätzlich sollen sogar mehrere Szenarien simuliert und verglichen werden können
  • Ein PM-Tool soll die verschiedenen Daten und Informationen eines Projektes integrieren und verknüpfen, um bessere, priorisierte und gewichtete Sichten auf das Projekt zu gewähren und fundierte Entscheidungsgrundlagen zu liefern
  • Ein PM-Tool soll das Festlegen von Schwell- und Zielwerten ermöglichen und bei Erreichen die Situation aufzeigen und die vordefinierten Interessengruppen informieren
  • Ein PM-Tool soll pro-aktiv Vorschläge für Verbesserungen im Projektmanagement anzeigen, zum Beispiel eine bessere Auslastung von Mitarbeitern
  • Ein PM-Tool soll Hilfsmittel für die soziale Interaktion anbieten

Ein weiteres Ziel eines neuen Tools sollte aber auch sein, dass das Projektteam durch das Projekttool entlastet wird, damit es sich mehr auf die eigentliche Problemstellung fokussieren kann. Das Projektteam soll durch das PM-Tool unterstützt und nicht behindert werden. Das setzt auch voraus, dass die eingesetzten Tools von den Projektmitarbeitern effizient und wirkungsvoll angewendet werden können. Dabei nur das benötigte Training zu absolvieren, reicht nicht aus, praktische Erfahrungen in der Anwendung sind sehr wertvoll.

Vielleicht ist es auch sinnvoll und manchmal notwendig, anstatt eines einzigen umfassenden PM-Tools einen modularen Ansatz mit mehreren Tools zu fahren, um viele verschiedene Bedürfnisse abdecken zu können. Diese Strategie sollte im Vorfeld bereits in Betracht genommen werden, um die weiteren Schritte darauf auszurichten. Wichtig in einem solchen Fall ist die saubere, nahtlose Integration der Tools, sowohl zwischen den Tools wie auch mit dem Umfeld. Auch hilfreich ist eine ähnliche Benutzeroberfläche und Verhaltensweisen der Anwendungen, ansonsten wird es für den Benutzer schnell kompliziert und benötigte Schulungen nehmen zu.

Vorbereitung

Vor einer Toolevaluation soll grundsätzlich immer zuerst das Projektumfeld, das heisst die Projektorganisation und die -prozesse, ggf. auch die Projektkultur analysiert, kritisch beurteilt und verbessert werden. Der Mehrwert eines neuen PM-Tools ist um einiges kleiner, wenn mit diesem nur die bestehenden Abläufe abgedeckt werden. Bestimmte neue Funktionen können dann gar nicht genutzt werden. Auch bestehende Probleme und Defizite in der Organisation und bei Mitarbeitern sollten zuerst gelöst werden. Wenn ein Fehler im heutigen Tool auftaucht, muss die Ursache des Problems nicht im Tool liegen, sondern kann zum Beispiel in einem ineffizienten Prozess, zu wenig wirksamen Services, fehlenden Fähigkeiten bei den Mitarbeitern, keine durchgehende Kommunikation, Führungsschwächen oder einer nur teilweise umgesetzten Strategie liegen. Da nützt ein neues Tool nur wenig oder gar nichts.

Manchmal gibt es auch die Situation, dass eine Organisation ungenügende Projekterfahrungen oder -kultur mit einem neuen Tool wettmachen will. Ein solcher Ansatz führt selten zum Erfolg. Häufig ist dann die betroffene Person oder das Team zusätzlich auch mit dem neuen, mächtigen Tool überfordert.

Planung

Die Evaluation und Einführung eines neuen PM-Tools müssen immer gut abgestimmt und geplant sein. Es zahlt sich aus, wenn ein wirkungsvolles Konzept mit klaren Anforderungen, Prioritäten und zielgerichteten Vorgehen und Strukturen erarbeitet wird, bevor die Auswahl und die Umsetzung beginnt. Ebenso ist es wichtig, frühzeitig die Einführung zu planen. Trotz all den neuen Funktionen und Möglichkeiten besteht anfangs das Risiko einer verminderten Projekteffizienz, weil die Mitarbeiter sich mehr um das neue PM-Tool kümmern müssen, was nicht zu unterschätzen ist. In folgenden Situationen würde ich sogar abraten, auf ein neues PM-Tool umzusteigen.

  • a) Wenn gerade ein kritisches Projekt ansteht und Erfahrungen mit dem Tool fehlen, sollen auf der Toolebene keine zusätzlichen Risiken eingegangen, sondern bewährtes verwendet werden.
  • b) Während eines laufenden Projektes würde ich ebenfalls keine Umstellung auf ein neues PM-Tool vornehmen, weil in der Regel der Aufwand für Evaluation, Customizing, Integration und Einführung zu gross und die Risiken zu hoch sind.

Fazit

Ein passendes, wirkungsvolles PM-Tool kann Projekte massgeblich unterstützen und die Effizienz und Transparenz erhöhen, was zum Projekterfolg beiträgt. Trotzdem darf es nicht überbewertet werden. Ein Projekt ist per Definition ein einzigartiges Vorhaben, welches von Menschen durchgeführt wird. Viele Sachen sind anfangs unbekannt. Es ist immer ein Lernprozess und benötigt Kreativität und Erfahrung. Da kann ein Tool nur unterstützen, ersetzt den Menschen jedoch nicht. Und die meisten Projekte scheitern nicht aufgrund eines fehlenden oder sub-optimalen PM-Tools, sondern wegen technischen, organisatorischen oder sozialen Faktoren im und ums Projekt.

Wichtige Erkenntnisse für die Tool-Evaluation sind:

  • Eine Tool-Einführung wird nicht erfolgreich sein, wenn das Mandat, der gewünschte Nutzen und das Timing nicht klar und mit den Interessengruppen abgestimmt sind
  • Das Tool ist nur so gut wie die Daten und die hinterlegten Methoden und Modelle – entsprechend muss zuerst sichergestellt werden, dass diese passen und auf dem neusten Stand sind
  • «A fool with a tool is still a fool» - eine fundierte Analyse und Vorbereitung sind essentiell

Wen’s trotzdem interessiert findet auf der Website des Projekt Magazins (https://www.projektmagazin.de/software) eine Auswahl von ca. 100 verschiedenen PM-Tools. Schnell kommt da die Frage auf, welches nun das Beste ist. Das Beste PM-Tool ist dasjenige, welches am besten zur eigenen Organisation und deren Bedürfnisse passt!