«Das Gras wächst nicht schneller, indem man daran ziehst»
[Afrikanisches Sprichwort]
Der systemische Ansatz - Warum der nützt und wie man damit umgehen kann.
Und was es mit der aktuellen Corona-Pandemie auf sich hat.
Von Peter Roth, 10. Februar 2021
Der systemische Ansatz in der Organisation, aber auch in anderen Disziplinen
Seit meiner Weiterbildung an der Universität Zürich vor fast 20 Jahren beschäftige ich mich aktiv mit dem systemischen Ansatz.
Systemisch bedeutet das ganze System betreffend, nicht zu verwechseln mit systematisch, welches nach einem festen Plan oder System bedeutet.
Der systemische Ansatz setze ich vor allem für die Gestaltung von sozialen Systemen wie Teams und Organisationen und Steuerung von Projekten ein.
Das ist ein riesiges Arbeitsfeld.
Dazu gehören auch Themen wie Selbstorganisation, Selbst- und Fremdsteuerung, Komplexität, Identität, Information und Kommunikation,
Zusammenarbeit, laterale Führung und Steuerung, Konflikte, bis hin zu Macht und Mikropolitik.
Die meisten davon finden sich beispielsweise auch in agilen Arbeitsansätzen wieder.
Mit der Anwendung dieses Ansatzes und der Auseinandersetzung mit diesem Thema wurde mir bewusst, dass wie viele von uns ich früher diesen Ansatz in verschiedenen Gebieten bereits anwendete, nicht nur bei sozialen aber auch technischen Systemen, und eher unbewusst und somit wahrscheinlich weniger konsequent.
Dies zum Beispiel in meiner Zeit in der chemischen Pharma- und Agroforschung, aber auch in der Problemlösung oder der Lösungsfindung in Projekten.
Auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel Ökologie, Ökonomie und Medizin ist der systemische Ansatz von zentraler Bedeutung.
Systemischer Ansatz in Innovation und Ursachenforschung
Weiter unterstützt der systemische Ansatz massgeblich in der Innovationsförderung mit der bewussten Öffnung oder Abkapselung von Systemen und Erweiterung oder Reduktion von Komplexität.
Aber auch in der Ursachenforschung ist der systemische Ansatz sehr hilfreich, um blinde Flecken und Zusammenhänge zu erkennen.
So könnte es auch in der aktuellen Corona-Pandemie helfen, die wirklichen Ursachen zu verstehen.
Vielleicht ist es nicht die alleinige Schuld eines Tiermarktes in Wuhan (China) oder einer bestimmten Fledermausart, was gerade von einer Kommission der WHO untersucht wurde.
Vielleicht ist es Teil von etwas Grösserem, Ganzen (eines Systems)?
Vielleicht ist die Ursache von Corona, aber auch die Zunahme an Epidemien und Pandemien, viel grundsätzlicher in der zerstörerischen, globalen Einflussnahme der Menschen in der Natur zu suchen,
welche mit Abholzung, Zubetonierung, Verschmutzung und Ausbeutung von Ressourcen wichtige Lebensräume auf dieser Erde vernichten
und dadurch Tieren, Insekten und Pflanzen ausrotten, welche eigentlich alle ein wichtiger Teil des Systems sind und nun fehlen.
Bei komplexen Problemstellungen ist es wichtig, das ganze System und die übergeordneten Zusammenhänge zu begreifen, um daraus die richtigen, wirksamsten Massnahmen zu realisieren.
Nur so kann Komplexität gesteuert werden und das Ganze endet nicht im Chaos.
Und schlussendlich bergen solche Problemstellungen wie oben beschrieben nicht nur Risiken sondern auch immer grosse Chancen, auch für Innovationen, wenn man das System selbst, die Zusammenhänge und dann die Ursachen des Problems versteht!
Erkenntnisse und Umgang mit dem systemischen Ansatz
Durch den systemischen Ansatz sind für mich wichtigen Erkenntnissee entstanden, dass alles in einem System zusammenhängt und entsprechend mehr oder weniger voneinander abhängig ist.
Und dass ein System meistens in einem anderen System steckt, zu welchem es wiederum Abhängigkeiten gibt.
Wenn einem das bewusst ist, erkennt man die unglaubliche Komplexität aber auch das riesige Potential, das dahintersteckt.
Es ermöglicht Zusammenhänge zu sehen, warum etwas ist oder passiert.
Es erlaubt einer Person, einem Team oder einer Organisation zu beurteilen, wie man dazu sinnvoll reagieren oder noch besser im Voraus agieren kann, und wo man die Situation und den Verlauf aktiv steuern kann?
Oder aber man erkennt, dass man zumindest mit vernünftigem Aufwand keinen Einfluss auf ein Ereignis oder eine Situation hat oder haben will, aber damit in einem positiven Sinne umgehen kann.
Das aktuelle Beispiel der Corona-Pandemie zeigt, dass ein systemischer Ansatz helfen kann, eine ganzheitliche Sicht aufzubauen, um Zusammenhänge zu erkennen und daraus die richtigen Massnahmen mit der grössten, besten aber auch effizientesten Wirkung zu definieren.
Nur wenn die echten, grundlegenden Ursachen erkannt werden, werden nicht nur Symptome bekämpft, sondern können Probleme nachhaltig gelöst werden.
Teilweise verlangen solche Massnahmen beträchtliche Veränderungen und Investitionen, welche sich aber längerfristig wieder auszahlen und ins sich auch wieder immenses wirtschaftliches und innovatives Potential beinhalten.
In einem System hängt eben immer vieles zusammen.