Um was geht es?
Immer wieder höre ich, dass Projektmanagement (PM) mit dem Wasserfallvorgehen gleichgesetzt wird. Das ist sowas von veraltet.
Von Peter Roth, 7. Juni 2023
Bereits 1996 wurde in der ersten Ausgabe von PMI PMBOK ein eigenständiger PM-Prozess mit 'Initiate – Plan – Execute and Control – Close' etabliert. Damit konnte für den Projektausführungsprozess unabhängig vom PM-Prozess ein auf die Problemstellung spezifisches Vorgehensmodell gewählt werden, sei dies sequentiell (Wasserfall), inkrementell, iterativ oder evolutionär.
Mit der Ausgabe 7 von PMI PMBOK im Jahr 2021 hat sich diese PM-Methodik ganz von klassischen PM-Prozessen verabschiedet, bezeichnet sich nun als ein "System for Value Delivery" und fokussiert auf Prinzipien, sogenannten Project Performance Domains und darunterliegenden, allgemein gültigen Modellen, Methoden und Artefacts. Tailoring, also die Adaption an das konkrete Projekt, ist dabei wichtiger Bestandteil der Methode.
Auch andere Methoden wie Prince2, IPMA behandeln Projektmanagement separat und erlauben damit unterschiedliche Vorgehensansätze bei der Projektausführung. Grundsätzlich sind die PM-Prozesse in der ISO-Norm 21500 definiert und gilt als kleinster gemeinsamer Nenner der bekannten Weltstandards.
Ich kenne nur eine Projektmethodik, die Methode Hermes, welche Projektmanagement noch immer mit Projektausführung vermischt. Immerhin kann seit der Version 2022 die Phase Umsetzung iterativ-inkrementell angegangen werden. Auch hier ein erster wenn auch bescheidener Schritt zu Agilität.
An der Universität Zürich wurde im Schwerpunkt Mensch-Informatik-Organisation dann als weiterer Schritt die Projektführung als eine zusätzliche Ebene zum Projekt hinzugefügt. Darin wird das Projekt als soziales System und Leadership als die benötigte Kernkompetenz betrachtet. So kann der agile Mindset hervorragend gelebt werden.
Damit Führung und Management zur Projektausführung passt, wird unterdessen von adaptiver Projektführung und adaptivem Projektmanagement gesprochen [Jenny 2023]. Adaption ist für mich zwingend. Jedes Projekt ist per Definition einzigartig. Je nach Projekttyp verwendet man eine geeignete Methodik mit dem passenden Ansatz. Eine Reorganisation packe ich anders an als eine Softwareentwicklung, ein Business-Engineering-Projekt anders als einen Hardware-Rollout, ein Bauprojekt anders als ein Service-Management-Projekt. Ich verwende seit bald 20 Jahren neben sequentiellen auch agile Elemente in Projekten und kombiniere unterdessen sehr erfolgreich klassische und agile Ansätze für die Projektausführung, je nach Problemstellung und Herausforderung. Projektmanagement und Agilität ist kein Widerspruch!